Geschäftliches Repräsentationsbedürfnis und privates Affektivinteresse im Steuerrecht

Die Entscheidung für die Anschaffung eines bestimmten Geschäftswagens für den Geschäftsführer ist bisweilen nicht nur von objektiv-sachlichen Gesichtspunkten getragen, sondern emotional aufgeladen. Da spielen manchmal nicht nur Fragen nach Ladevolumen, der zulässigen Zuladung oder die monatlichen Fixkosten eine Rolle. Auch ist es nicht jedem wichtig, wie das Fahrzeug bei Geschäfts- und Projektpartnern sowie Kunden ankommt. wenn die Chefin oder der Chef mit einem Fahrzeug eines bestimmten Herstellers/bestimmten Klasse auf den Hof respektive die Baustelle rollt, scheint so manche Anschaffung aber auch von dem Wunsch, sich einen Jungentraum zu erfüllen, geleitet. Was das konkret heißen soll? Lassen Sie sich überraschen!

Fall 1: Der Geschäftsführer-Ferrari

Eine GmbH, die sich mit Projektentwicklung zur Energieerzeugung aus regenerativen Quellen befasste, erwarb im Jahr 2012 einen gebrauchten Ferrari California zu einem Bruttokaufpreis in Höhe von 182.900,00 €. Die in dem Kaufpreis enthaltene Umsatzsteuer in Höhe von 29.202,52 € machte die GmbH mit ihrer Umsatzsteuervoranmeldung als Vorsteuer geltend. Das Fahrzeug stand dem Geschäftsführer zur Verfügung. Das Finanzamt wollte den geltend gemachten Vorsteuerabzug nach Überprüfung letztlich nicht anerkennen. In dem vor dem Finanzgericht geführten Rechtsstreit wurde dann festgestellt, dass aufgrund der Nutzung des Fahrzeuges bei Netzwerktreffen zur Akquise von Kooperationspartnern und zum Besuch potenzieller Investoren von einer Eröffnung substantieller Geschäftschancen auszugehen und der Repräsentationsaufwand nicht gem. § 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 7 EStG unangemessen sei. Auch wenn bei der Beschaffung eines Luxussportwagens als Geschäftswagen zunächst von einem privaten Affektionsinteresse ausgegangen werden müsse, liege der Fall hier anders und der Vorsteuerabzug sei berechtigt (FG Hamburg, Urt. v. 27.09.2018 – 3 K 96/17).

Fall 2: Der Geschäftsführer-Lamborghini

Ein Gebäudereinigungsunternehmen erwarb 2016 einen gebrauchten Lamborghini Aventador LP 700-4 zu einem Bruttokaufpreis in Höhe von 298.475,00 €. Die in dem Kaufpreis enthaltene Umsatzsteuer in Höhe von 47.656,00 € machte das Unternehmen mit seiner Umsatzsteuervoranmeldung als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt versagte jedoch den Abzug unter Hinweis auf das aus § 15 Abs. 1 a S. 1 UStG i.V. mit § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 EStG fließende Abzugsverbot für einen unangemessenen Repräsentationsaufwand. Dem Gesellschafter-Geschäftsführer, dem das Fahrzeug zur Verfügung stand, wollte das Gericht in seiner Argumentation, dass es sich um ein serienmäßig hergestelltes Fahrzeug handele, das immer wieder über „Sportwagenkontakte“ zu neuen Geschäftsführungen geführt hat und daher der Geschäftszweck den Vorsteuerabzug rechtfertige, nicht folgen. Auch mit dem Argument, die Anschaffung eines Mercedes-Benz der S-Klasse hätte in jedem Fall zum Vorsteuerabzug berechtigt, so dass eine rechtswidrige Ungleichbehandlung vorliege, konnte das Unternehmen bei Gericht nicht durchdringen. Das Finanzgericht war der Auffassung, das Auto stelle trotz serienmäßiger Herstellung den Prototypen eines Supersportwagens dar, der im öffentlichen Straßenbild Aufsehen errege und typisierend den privaten Interessen des Geschäftsführers zu dienen geeignet sei (FG Hamburg, Urt. v. 11.10.2018 – 2 K 116/18). Hier galt also: Keine Vorteile für den Luxus-Geschäftswagen!

Hinweis für die Praxis

Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man vermuten, das Finanzgericht Hamburg sei mit Ferrari-Fans besetzt. Tatsächlich unternahm das Finanzgericht eine recht genaue Prüfung der tatsächlichen Nutzung sowie der typischen Nutzungsgewohnheiten der beiden Geschäftsführer. So führte im zweiten Fall vor allem die Tatsache, dass sich der Geschäftsführer privat in Motorsportkreisen bewegte und bei der Kfz-Versicherung lediglich eine private Nutzung des Fahrzeuges angegeben hatte unweigerlich dazu, dass das Gericht von einer vorrangig privaten Motivation der Anschaffung genau dieses Fahrzeuges ausgehen musste.

Das Finanzgericht gibt aber auch zu erkennen, dass es bei der Anschaffung außergewöhnlicher Fahrzeuge als Geschäftswagen den Vorsteuerabzug unter bestimmten Voraussetzungen als berechtigt angesehen hätte. Dies ist nach den Ausführungen des Finanzgerichts etwa dann der Fall, wenn ein Kraftfahrzeug z.B. bei seltenen Großveranstaltungen als demonstrative Zurschaustellung und als materiell verstandener Beleg sowie zugleich als werbender Anreiz für den besonderen Erfolg, der durch die Ausübung einer bestimmten beruflichen Tätigkeit erreicht werden kann, zum Einsatz gebracht wird. Weiter ist der Vorsteuerabzug bei solchen Anschaffungen möglich, wenn diese entsprechend der Erwartung des Unternehmers nachweislich zur Eröffnung substantieller Geschäftschancen geführt hat.

Soll also in solchen Fällen die Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend gemacht werden, ist im Falle der Anschaffung eines außergewöhnlichen Fahrzeuges für den Geschäftsführer darauf zu achten, dass die unternehmerischen Zwecke der Anschaffung nicht so weit in den Hintergrund treten, dass steuerlich nur die Befriedigung eines privaten Affektionsinteresses angenommen werden kann. Die unternehmerische Nutzung ist unbedingt zu dokumentieren, um die Grundannahme eines rein privaten Interesses erschüttern zu können.

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Quellen:

FG Hamburg, Urt. v. 27.09.2018 – 3 K 96/17 – openJur 2018, 6531, https://openjur.de/u/2126190.html

FG Hamburg, Urt. v. 11.10.2018 – 2 K 116/18 – openJur 2018, 6528, https://openjur.de/u/2126185.html